„Kein Deutscher darf jemals wieder ein Gewehr tragen“


Gestern las ich diesen Artikel in Telepolis:

http://www.heise.de/tp/artikel/42/42660/1.html

Zuerst hat mich die Überschrift erstaunt, auch verwirrt. Aber ich muss sagen, angesichts der Tatsache, dass unser jetziger Bundespräsident sich mehr militärisches Engagement wünscht, und die Regierung zunehmend mehr militärisches Engagement zeigt, finde ich die Überschrift noch mal überdenkenswert.

Über den ersten Weltkrieg weiss ich nicht so viel, aber nach dem zweiten Weltkrieg war Deutschland eine Trümmerlandschaft. Und nicht nur Deutschland, auch Frankreich, England und halb Europa.

Ich bin ganz sicher, dass ich das nicht erleben möchte. Deshalb fände ich es gut, wenn unsere Regierung und unser Präsident statt militärischen Engagement mehr Zurückhaltung predigen und auch zeigen würden.

Warum müssen wir das Problem Islamischer Staat lösen? Die USA haben es mit ihrem Irak-Krieg verursacht. Die Nachbarstaaten tun nichts dagegen. Warum sollen jetzt ausgerechnet wir uns dort engagieren?

Das gleiche mit der Ukraine. Wir hätten von Anfang an die Finger heraus lassen sollen. Es war ein innerukrainisches Problem, wenn die Leute mit Ihrer Regierung nicht zufrieden sind. Die Einflussnahme des Westens hat das Problem nicht verringert, sondern immer weiter anwachsen lassen. Russland fühlt sich provoziert, zu Recht wie ich meine, und die Flüchtlingströme im Osten der Ukraine zeigen, dass es in der Tat viele russlandfreundliche Einwohner dort gibt, nicht umsonst wenden sich 3 von 4 Flüchtlingen Russland zu, und nur einer dem Westen.

Sanktionen und Gegensanktionen, Truppenverlagerungen, eines kommt zum nächsten, die Eskalationsspirale dreht. Und man muss erkennen, dass Putin in fast allen Fällen geschickter agiert als unsere Politiker, die sich im Moment sehr hilflos präsentieren.

Auch hier hätten wird die Finger heraus lassen sollen. Es gab eine deutsch-russische Freundschaft, die zum Frieden und zur Prosperität beitrug. Und wir werfen sie einfach weg, wegen eines Landes, in dem sich die Bevölkerung sowieso schon geteilt fühlte, ein Land das am besten mit einer Teilung aufgehoben wäre, weil dann wieder Frieden einkehren würde.

Wir haben sehr lange sehr gut mit vorsichtiger Diplomatie gelebt. Ich fände es gut, wenn unsere Regierung und vor allem unser Präsident sich darauf wieder besinnen würden, und von militärischen Engagement Abstand nehmen, auch von Aufrufen dazu. Keiner der Befreiungskriege der letzten Zeit hat gute Ergebnisse gebracht – der Irak ist eine Katastrophe und Afghanistan fällt wieder den Taliban zu. Lybien ist Kampfgebiet. Verbesserung – nicht die Spur. Viele Tote, viel Zerstörung, auch viel moralischer Verlust.

Ich glaube es war Nietzsche der sagte, „Wer mit Ungeheuern kämpft, wird selbst zum Ungeheuer“. Die USA sind mutiert, von einem freien und freiheitsliebenden Land zu einem Überwachsungstaat, zerfressen von Angst und Misstrauen gegenüber der ganzen Welt, und sogar den eigenen Bürgern.

Leider ist der Satz nur zu wahr – die Ungeheuer gegen die man kämpft, sie zwingen einem ihre Züge auf, man muss sich auf ihr Niveau begeben. Ich hoffe inständig, dass unsere Regierung das erkennt, und andere Wege sucht als den Kampf.

 

 

 

2 Kommentare zu „„Kein Deutscher darf jemals wieder ein Gewehr tragen““

  1. @gedankenweber

    Ich bin fast mit allem nicht einverstanden, was Du kommentierst, ausser mit dem einen. Wir Schweizer sind mit der bewaffneten Neutralität gut davongekommen während zweier Jahrhunderte. Die aktuelle Einmischung in der Ukraine verursacht ebenfalls mehr Probleme als sie löst und ich glaube nicht, dass man den Arabern die Demokratie bringen kann, so dass militärisches Engagement in Syrien und Irak kaum auf die Dauer etwas ändern wird.

    Hingegen: Die Behauptung, die Amerikaner hätten die aktuellen Probleme im Irak verursacht, die ist absurd. Zu normalen Zeiten wurden in Saddam Husseins Regime 50’000 Personen pro Jahr hingemeuchtelt von vier verschiedenen konkurrierenden Geheimdiensten, die der Diktator nach Bedarf auch gegenseitig aufeinander ansetzte. Wie gesagt, das ist die Anzahl Tote in normalen Jahren. Wenn zwischendurch Krieg gegen den Iran geführt wurde oder Kurden vergast wurden, dann gab es auch mal ein oder zwei Millionen Tote aufs mal. Das sind andere Dimensionen und dem haben die Amerikaner, gemeinsam mit Engländern, Australiern, Polen, Italienern ein Ende gesetzt.

    Was das Auftreten des amerikanischen Bundesstaates betrifft, so übersehen wir Europäer einen inneramerikanischen Konflikt, der eigentlich anwährt seit der Secret Service zur Bekämpfung von Geldfälschungen eingerichtet wurde. Es ist der Konflikt zwischen dem Bundesstaat und den einzelnen Gliedstaaten um die Souveränität, um die Verteilung der Kompetenzen. Der Bundesstaat findet immer wieder Möglichkeiten, den Gliedstaaten gegenüber mehr Gesetzgebungs- und Polizeikompetenz herauszuhauen und die Gliedstaaten finden Wege das zu umgehen. Was wir hier als arrogantes Auftreten der amerikanischen Bundesregierung wahrnehmen ist oft nur die Nebenwirkung jenes internen Konfliktes.

    N.B. Vermont und Texas haben von den Verträgen her die Möglichkeit behalten, jederzeit aus den USA auszutreten… zumindest auf dem Papier – dies einfach als Augenmass.

    Was den Waffenbesitz betrifft: In einem Land, wo der Staat den privaten Waffenbesitz verbietet, haben nur noch die Verbrecher Waffen. Die kommen immer gut daran heran. In der Schweiz darf jedermann und jede Frau zuhause Waffen und Munition haben mit Ausnahme der Angehörigen einer umgrenzten Liste von Nationalitäten aus dem Balkan, Türkei, Nordafrika. Die einzige Einschränkung, er muss diese in separaten, abschgeschlossenen Behältnissen aufbewahren. Das heisst, die Waffe kann nicht jederzeit geladen sein. Wir haben die tiefste Kriminalitätsrate Europas. Zweidrittel der Schusswaffen-Morde werden von Leuten verübt, die hier gar nicht legal eine Waffen besitzen dürfen.

    Von dem her bin ich für freie Waffen für freie Menschen. Eine Landesregierung, die bewaffeneten Bürgern vertrauen muss, kann ihr Land auch nicht nach Belieben in gefährliche Abenteuer führen.

    Das allgemeine Schusswaffenverbot und die Entwaffnung der Zivilbevölkerung war von den ganz allerersten gesetzgebenden Handlungen nachdem die NSDAP an die Macht kam. Hitler wusste sehr genau, warum Deutsche keine Waffen tragen sollen. Seltsam ist, dass Deutschland dieses Hitler-Gesetz nie abgeschafft hat.

    1. Hallo Jürg,

      auch wenn Du sagst, Du seist mit fast allem nicht einverstanden, so denke ich, deine Ausführungen widersprechen meinen gar nicht so sehr. Du beleuchtest manchmal andere Zeitabschnitte, manchmal stellst Du andere Aspekte in den Mittelpunkt.

      Ich würde sagen, Dein Kommentar ist eine sehr schöne Ergänzung zu meinem, und der Leser darf sich selbst ein Bild machen, was für ihn wichtig und richtig ist.

      Danke für den ausführlichen Kommentar, Jürg 🙂

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